Das Gewaltschutzgesetz

Am 1. Januar 2002 ist das „Gesetz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung" (GewSchG) in Kraft getreten. Ziel des GewSchG ist die Verbesserung des Schutzes vor wiederholten Gewalttaten, Nachstellungen und unzumutbaren Belästigungen für erwachsene Opfer. Auch wenn es ausdrücklich nicht nur für den Bereich der häuslichen Gewalt gilt, schafft es vor allem hier eine klare Rechtsgrundlage: "Wer schlägt, muss gehen". Misshandelte Frauen und ihre Kinder können in der gemeinsamen (Familien-)Wohnung bleiben und der Gewalttäter muss gehen. Außerdem können für Opfer von Gewalt Schutzanordnungen - wie beispielsweise Annäherungs- und Kontaktverbote - ausgesprochen werden. Die Schutzanordnungen sind auch dann hilfreich, wenn die Opfer schon getrennt leben und über die Trennung hinaus vom Ex-Partner verfolgt, belästigt und bedroht werden.

Schutzanordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz

Es gibt im Wesentlichen zwei Schutzanordnungen, für die Sie bei Gericht einen Antrag stellen können:

a) Zuweisung der gemeinsamen Wohnung

Kernstück des Gewaltschutzgesetzes ist die Möglichkeit, einen gerichtlichen Beschluss zu erwirken, wonach der Gewalttäter zumindest für eine gewisse Zeit die gemeinsame Wohnung verlassen muss und die Wohnung dem Gewaltopfer allein zur Nutzung überlassen wird. Dieser Anspruch ist unabhängig davon, ob die Partner verheiratet sind oder nicht. Außerdem kann auch ein Eigentümer oder Alleinmieter, der gewalttätig ist, der Wohnung verwiesen werden. Allerdings ist die Wohnungszuweisung in der Regel auf sechs Monate befristet. Gelingt es Ihnen in dieser Zeit nicht, eine passende Wohnung zu finden, kann das Gericht die Frist um weitere sechs Monate verlängern. Nur wenn Sie allein Eigentümerin oder Mieterin der Wohnung sind, dann ist diese Nutzungszuweisung eine Dauerlösung.

b) Kontakt- und Näherungsverbot

Diese Schutzanordnungen verbieten dem Täter, Sie weiterhin zu verfolgen, zu belästigen und/oder zu bedrohen. Das Gericht kann insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt:

  • Ihre Wohnung zu betreten,
  • sich in einem bestimmten Umkreis Ihrer Wohnung zu nähern,
  • sich Ihnen bis auf einen von Ihnen festzusetzenden Umkreis (50 m, 75 m...) zu nähern,
  • Orte aufzusuchen, an denen Sie sich regelmäßig aufhalten, z.B. Ihr Arbeitsplatz, Kindergarten und Schule Ihrer Kinder oder der Sportverein),
  • Kontakt zu Ihnen aufzunehmen (dies gilt für alle Arten des Kontaktes, sei es über Telefon, SMS, Fax, Briefe, E-Mail etc.),
  • ein Zusammentreffen mit Ihnen herbeizuführen.

Diese Liste ist nicht abschließend. Sie sollten bei dem Antrag jede Situation mitberücksichtigen, in der es zu einer Belästigung oder Bedrohung gekommen ist. Leider können Sie dem Täter per Schutzanordnung nur das verbieten lassen, was er Ihnen in der Vergangenheit bereits angetan hat, also nichts, was Sie ihm eventuell zutrauen, er aber bisher nicht getan hat.

Zuständiges Gericht

Bei Verfahren nach dem GewSchG ist immer das Familiengericht zuständig. In Bezug auf die örtliche Zuständigkeit hat das Gewaltopfer jedoch nach FamFG Buch 2 Abschnitt 7      § 211 ein Wahlrecht. Sie können wählen zwischen:

  • dem Gericht, in dessen Bezirk die Tat begangen wurde,
  • dem Gericht, in dessen Bezirk sich die gemeinsame Wohnung von Antragstellerin (Gewaltopfer) und Antragsgegner (Täter) befindet oder
  • dem Gericht, in dessen Bezirk der Antragsgegner (Täter) mit 1. Wohnsitz gemeldet ist

 

Für die Stadt Gelsenkirchen ist zuständig:

Familiengericht Gelsenkirchen Zentrum
Overwegstr. 35/37 45879 Gelsenkirchen
Tel. 0209-179-0
Mo – Fr 8:30 – 12:30,
Do 14:00 – 15:00

Familiengericht Gelsenkirchen-Buer
Goldbergstr. 89 45894 Gelsenkirchen
Tel. 36098-0
Mo – Fr 9:00 – 12:00 Mo 14:00 – 16:00

Der Antrag auf Schutzanordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz

Eine Vertretung durch eine Rechtsanwältin ist bei Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz gesetzlich nicht vorgeschrieben. Sie können einen Antrag auf eine Wohnungszuweisung oder auf ein Kontakt- und Näherungsverbot also selbst beim für Sie zuständigen Gericht stellen. Es sprechen aber verschiedene Gründe dafür, sich von Anfang an von einer Anwältin vertreten zu lassen:

Der schnellste Weg, einen Eilantrag persönlich zu stellen, ist über die Rechtsantragsstelle des zuständigen Gerichtes. Überlegen Sie zunächst genau, welche Anträge Sie stellen wollen (Wohnungszuweisung und/oder Schutzanordnungen und welche Schutzanordnungen). Bei der Rechtsantragsstelle des zuständigen Gerichts werden diese Anträge von einer Rechtspflegerin aufgenommen. Hier schildern Sie Ihre Situation möglichst umfassend und detailliert und legen alle relevanten Beweismittel vor. Wichtig sind beispielsweise ärztliche Atteste, wenn Sie misshandelt wurden. In solchen Fällen sollten Sie unbedingt eine Ärztin aufsuchen, um Ihre Verletzungen dokumentieren und natürlich behandeln zu lassen.

Das Gesetz verlangt sogenannte präsente Beweismittel, damit die Beweisaufnahme sofort erfolgen kann. D.h. bei einer Antragstellung bzw. mündlicher Verhandlung müssen Beweismittel, insbesondere Zeugen, gleich mitgebracht werden! Sie können belästigende Briefe oder Fotos vorlegen oder Ihr Handy vorzeigen, auf dem SMS gespeichert sind. Auch Anruferlisten auf dem Handy können hilfreich sein, um aufzuzeigen, wie oft Sie angerufen wurden.

Der Antrag wird von der Rechtsantragsstelle sofort an die zuständige Familienrichterin weitergeleitet, die den Antrag dann in Form einer einstweiligen Anordnung befürwortet oder ablehnt. Für eventuelle Nachfragen seitens der Richterin müssen Sie zur Verfügung stehen, so dass Sie einige Wartezeit mit einplanen sollten.

Die zuständige Familienrichterin kann eine einstweilige Anordnung für eine Wohnungszuweisung und/oder Schutzanordnungen ohne oder mit vorheriger Anhörung des Täters erlassen. D.h., Ihrem Antrag wird entweder stattgegeben, ohne dass zuvor der Täter zum Sachverhalt persönlich vor Gericht befragt wird. Oder die Richterin bestimmt kurzfristig einen Termin, bei dem Sie und der Täter persönlich zum Sachverhalt gehört werden. Sie können den Termin nach einer (manchmal längeren) Wartezeit am selben Tag in der Geschäftsstelle der zuständigen Richterin erfahren oder die schriftliche Ladung per Post abwarten.

Wenn über Ihren Antrag positiv entschieden wird, bekommt der Täter die einstweilige Anordnung zugestellt. Dafür ist es natürlich erforderlich, dass Sie die Adresse des Täters nennen.

Wenn eine Wohnungszuweisung beantragt wird und ein minderjähriges Kind im Haushalt lebt, informiert das Gericht das Jugendamt darüber. Das Gericht soll das Jugendamt im Verfahren anhören und muss es darüber hinaus am Verfahren beteiligen, wenn das Jugendamt dies beantragt.

Außerdem muss das Gericht dem Jugendamt die Entscheidung mitteilen. Das Jugendamt kann innerhalb eines Monats gegen den Beschluss Beschwerde einlegen. Über diese Beschwerde wird dann in der Regel vom nächsthöheren Gericht entschieden.

Wichtig:

Verstöße gegen ein Kontakt- und Näherungsverbot oder die Wohnungszuweisung sind nur dann strafbar, wenn zuvor eine richterliche Anordnung erlassen wurde. Haben Sie und der Täter einen Vergleich geschlossen und hat er sich quasi „freiwillig" bereit erklärt, Abstand zu Ihnen zu halten, und verstößt er später dagegen, haben Sie keine Möglichkeit, ihn dafür zur Rechenschaft zu ziehen und weitere Zuwiderhandlungen zu verhindern. Ggf. müssten Sie dann erst wieder eine Schutzanordnung nach dem GewSchG beantragen! Außerdem müssen dem Täter die gerichtlichen Beschlüsse über die Wohnungszuweisung und/oder die Schutzanordnung(en) ordnungsgemäß zugestellt worden sein. Nur wenn er die Beschlüsse kennt, sind Zuwiderhandlungen strafbar.

Wichtig:

Wenn Sie einen Antrag nach dem GewSchG zunächst persönlich - ohne Hinzuziehung einer Rechtsanwältin - stellen, geht das Gericht möglicherweise davon aus, dass Sie nun auch den Rest des Verfahrens alleine schaffen können. Wenn Sie nun später (im Laufe des Verfahrens) eine Anwältin hinzuziehen wollen, kann mit dieser Begründung ihr Antrag auf Verfahrenskostenhilfe abgelehnt werden.

Wenn Sie also einen Antrag nach dem GewSchG zunächst persönlich bei der Rechtsantragsstelle stellen, sollten Sie sich unbedingt vergewissern, dass das keine Auswirkungen auf einen ggf. später gestellten Antrag auf Verfahrenskostenhilfe hat!

 

Wenn Sie über eine Anwältin den Antrag stellen wollen, müssen Sie einen Termin vereinbaren und alle relevanten Beweismittel zu dem Termin mitbringen. Alles Weitere wird über die Anwältin veranlasst. Sie kann mit Ihnen auch durchsprechen, ob der Antrag aufgrund der Beweislage erfolgsversprechend ist oder nicht.

Auch die Schutzanordnungen sind befristet. Solange die Bedrohung durch den Täter nicht beendet ist, kann die Frist aber verlängert werden. Das Gericht wird von Fall zu Fall entscheiden, ob und wie lange die Schutzanordnungen befristet werden und ob die Möglichkeit einer Verlängerung besteht.